06. Okt 2012

Von Moschusochsen und Rentieren

Berge, Dovrefjell Nationalpark, Herbst, Moschusochse, Rondane Nationalpark, Säugetiere, Tiere, Wildlife

 


Ein totes Moschusochsenjunges, vermutlich an Lungenentzündung verstorben

Der Wind bläst erbarmungslos und schlägt uns den Regen ins Gesicht, bereits Temperaturen um den Gefrierpunkt empfinden wir als eiskalt. Dennoch steigen wir ( Holger Cremer und ich) aus dem Auto und beginnen unsere Suche nach den Tieren. Auf unserem Programm stehen Moschusochsen im Dovrefjell Nationalpark und Rentiere im Forollhogna Nationalpark. Wir haben bereits von toten Moschusochsen gehört, aber das wirkliche Ausmaß kennen wir noch nicht. Manche sprechen von 30 toten Moschusochsen dieses Jahr, andere von 50 und mehr. Die meisten sollen an Lungenentzündung verstorben sein. Wahrscheinlich ist es den 1947 aus Grönland wieder angesiedelten Tieren im Nationalpark zu warm. Die recht große Feuchtigkeit gepaart mit dem Problem, dass sie nicht schnell genug ihre Körpertemperatur herunter kühlen konnten, scheint den Tieren nicht gut zu bekommen.
Dennoch sind wir top motiviert und bereit, loszulaufen. Was wir noch nicht wissen, dass dieses Jahr die Ausbeute eher ernüchternd wird. Wir starten im Dovrejell Nationalpark, den ich in den letzten Jahren gründlich erkundet habe. Am ersten Tag bewandern wir die Südseite des Nationalparks. Nach vielen Höhenmetern und einer etwa 30km langen Wanderung über die Bergkämme der südlichen Seite haben wir keinen einzigen Moschusochsen gesichtet. Am nächsten Tag entscheiden wir uns für die südöstliche Seite des Nationalparks und bewandern die Region unterhalb des Berges Kola, unter dem ich in den vergangenen Jahren nahezu alle meine Moschusochsenfotos gemacht habe. Nach der ersten Stunde Aufstieg sichte ich am Horizont einen Ochsen mit dem Fernglas, es ist ein alter Moschusochsenbulle, nicht berauschend, aber besser als nichts. So vergeht der zweite Tag indem wir den alten Bullen über die sumpfigen Ebenen um den Berg Kola begleiten. Immer wieder suchen wir nach weiteren Tieren, doch es bleibt bei diesem einen Fund. Am dritten Tag wollen wir von der westlichen Seite des Nationalparks in die Berge wandern. Nach den ersten zwei Stunden Gewaltmarsch in die Berge treffen wir einen Jäger, der von zwei Moschusochsen ein gutes Stück weiter im Nationalpark berichtet hat. Wir beschließen weiter zu wandern. Langsam setzt neben dem starken Wind das Schneetreiben ein. Wir durchqueren einige Sümpfe und erwarten hinter jeder kleinen Kuppe unsere erste Moschusochsensichtung. Doch neben ein paar Schneehühnern, die wir im Fjell aufscheuchen, finden wir kein einziges Tier. Langsam begreifen wir es, dieses Jahr wird es deutlich schwieriger Moschusochsen zu finden als in den Vorjahren.
Der nächste Tag ist ein Samstag, am Wochenende gibt es die Möglichkeit einen Bus zu nehmen, der von Hjerkinn bis nach Snøheim unterhalb des Gipfels Snøhetta fährt. Dies spart eine Wanderstrecke von etwa 15km. Nach etwas mehr als der Hälfte der Strecke sichten wir 2 Moschusochsen in der Nähe der Straße. Der Busfahrer ist so freundlich und lässt uns aussteigen. Schnell merken wir, dass das eine Männchen stark an Lungenentzündung leidet und fast schon wackelig auf den Beinen steht. Wir entschließen uns weiter nach einer größeren Herde zu suchen und sichten eine kleine Gruppe Tiere auf einem anderen Gipfel. Also schlagen wir einen südwestlichen Kurs ein. Auf dem Weg zum Gipfel müssen wir zwei Flüsse queren und finden auf dem ersten Gipfel ein totes Jungtier – der erste tote Moschusochse den wir je gesehen haben. In der Nähe hält sich immer noch die beunruhigte Mutter auf, weshalb wir weiter wandern. Auf dem nächsten Gipfel ist es nun so weit, wir werden mit der ersten wirklichen Moschusochsenherde von neun Tieren belohnt. Doch auch von dieser Herde leidet ein Jungtier an Lungenentzündung. Es ist hart mit anzusehen, wie das bereits geschwächte Tier immer wieder von der Herde zurückgestoßen wird. Vermutlich versuchen die anderen Tiere so die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Während wir die Tiere beobachten und fotografieren, vergeht die Zeit wie im Flug und ehe wir uns versehen ist es Abend und wir verpassen den letzten Bus. Wir beschließen, zügig auf die Militärstraße zuzuhalten, damit wir diese noch bei Dämmerung erreichen. Nachdem wir den letzten Fluss queren, der zu unserem Bedauern sehr tief war, kommen wir klatschnass an der Militärstraße an. Wir setzen unsere Kopflampen auf, beginnen den Abstieg und stellen fest, das wird noch ein weiter Marsch, aber auch ein klasse Abenteuer… In dieses Gebiet sind wir noch einige Male gewandert, da wir nun wussten, dass es in den Tiefen des Nationalparks noch Moschusochsen zu finden gibt.
Am Ende der Jagdsaison sollen Holger und ich noch zwei Tage Rentiere fotografieren gehen, mehr Tage sind uns nicht in Norwegen geblieben. Wir wollen im Forollhogna Nationalpark suchen und haben bereits mit Jägern der Region gesprochen, wo sich die Tiere befinden, um eine möglichst gute Ausgangslage zu haben. Wir suchen konsequent die Aussichtspunkte der Region auf, um von den Gipfeln aus mit dem Fernglas Ausschau halten zu können, doch der Wind steht ungünstig, sodass die Tiere weit in den Nationalpark ziehen. Trotz großer Anstrengung, die wir in den letzten Tagen investieren, finden wir lediglich ein paar alte Geweihe, jedoch kein einziges lebendiges Tier. So haben wir wenigstens einen Grund wieder in den Norden zu fahren, um wilde Rentiere zu suchen.

 


Zwei alte Bullen beim Revierkampf

 


Closeup eines mächtigen Moschusochsenbullen

 


Ein weiblicher Moschusochse steht perfekt Model

 


Ein Teil einer größeren Moschusochsenherde steht mir gegenüber

 


Fast schon zu kitschig, steht der alte Bulle unter dem Regenbogen

 


Der Lebensraum der Tiere ist immer wieder beeindruckend

 


Gegentlicht am Hang

 


Das Abendlicht läd zur Nachtruhe ein

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