02. Nov 2012

Canon EOS 5D III, der perfekte Allrounder?

Erfahrungsbericht, Fototechnik, Kameratest

 


Rückansicht der Canon EOS 5D III mit BG-E11

Im März 2012 begann die Auslieferung der 5D III und seit dem ersten Auslieferungstag hat mich dieses Modell begleitet. Nun fast 8 Monate und gut 50 000 Bilder später möchte ich nochmals einen Praxisreview online stellen, vielleicht eher eine Art Sammlung meiner Gedanken über die 5D III wobei ich nicht nur die positiven, sondern auch die negativen Seiten der 5D III zeigen werde. Ich werde hierbei den Vergleich zur 5D II und zur 1D IV ziehen, mit denen ich teilweise parallel gearbeitet habe. Das Abschreiben und Ausschmücken des Datenblattes spare ich mir, an dieser Stelle einfach.
In den Internetforen steht es überall, die 5D III ist überteuert, kann nix besser als die 5D II und was soll man eigentlich mit so einer Kamera?
Das ist alles falsch, die 5D III hat sich nur von der Megapixelzahl unwesentlich verändert, ist jedoch sonst eine ganz andere Kamera und sie hat mein Leben verändert, was die Fotografie angeht. Es gibt in meinen Augen momentan keine bessere Canonkamera auf dem Markt als die 5D III und 1DX und warum das so ist soll im Folgenden klar werden.

Bildqualität:

Nein, die 5D III ist kein Auflösungswunder mit 22Mpix. Ich gebe zu, 30 oder 40 Mpix hätten mich nicht gestört, aber mit 22 kann ich sehr gut leben, da es für meinen Anwendungsbereich von großen Drucken eigentlich ausreicht. Die Grundschärfe ist, wie man es oft liest, schlechter als die der 5D II, das ist korrekt. Jedoch kann man aus den 5D III Dateien wesentlich mehr Details rausholen als aus den 5D II Dateien. Das RAW der 5D III enthält einfach andere Informationen als das der 5D II (und auch der 1D IV). Der Dynamikumfang der 5D III hat sich leider nicht verbessert im Vergleich zur 5D II, was wirklich schade ist.
Was sage ich nun zum Rauschverhalten? Es ist besser geworden und zwar viel besser. Bei der 5D II habe ich mit möglichst maximal ISO 400 gearbeitet und mein absolutes Limit war eigentlich ISO 1250. Mit der 5D III kann man ISO 800 voll gebrauchen und das ist eine REVOLUTION, denn die ISO 800 Dateien kann man wirklich in vollem Umfang bearbeiten, was ich so weder von der 1D IV noch von der 5D II kenne. Ich weiß viele werden sich an den Kopf fassen und sagen, „was der Jakubowski da schreibt ist kompletter Quatsch, meine 5D II ist bei ISO 3200 super!“ Aber für wirklich gute Druckdaten war bei der 5D II das Limit ISO 400 und das sehe ich bei der 5D III bei ISO 800, was ein großer Unterschied für mich ist. Zudem ist mein absolutes Limit bei der 5D III bei ISO 3200 und das ist immer noch eine gute druckbare Qualität. Ich würde sagen, die ISO 3200 der 5D III bieten mir die Möglichkeiten, die mir die 5D II bei ISO 1250 bot.
Insgesamt überzeugt mich die Bildqualität der 5D III voll und ganz.

 


Der Dynamikumfang der 5D III reicht aus um öfter auf Filter zu verzichten

 


Auch bei extremen Lichtsituationen bleibt die Zeichnung in den dunklen Bereichen erhalten

 


Lange vor Sonnenaufgang kann man dank Highiso bereits ansprechende Ergebnisse erzielen (ISO 3200 f/2,8 1/30sek)

Handling:

Na endlich hat Canon das Handling der 7D in einer Kamera die eine gute Bildqualität zur Verfügung stellt verbaut! Ich habe die 7D insgesamt 3mal besessen und jedes Mal war ich von dem Bedienkonzept angefixt, wobei mir an der Kamera alles andere nicht gepasst hat. Canon hat bei der 5D III sehr vieles von diesem Konzept übernommen, was ich gigantisch finde. Die Möglichkeit über die Q-Taste in Sekundenschnelle alle Tasten sinnvoll zu belegen, ist absolut genial. Gerade für mich, der fast alle Tasten anders einstellt. Auch die Liveview-Taste sitzt an exakt der richtigen Stelle. Hier hat Canon alles richtig gemacht.
Canon hat außerdem der 5D III die Möglichkeit gegeben, die Bilder vor Ort zu bewerten mit Sternchen über die Rate-Taste. Hierbei kann man 1-5 Sterne pro Bild verteilen, die dann in Programmen wie Lightroom ausgelesen werden. Ich finde die Idee nett, habe sie anfangs benutzt und letztendlich doch wieder sein lassen. Ich brauchs nicht …
Auch neu ist die Möglichkeit Bilder gegenüber zu stellen auf dem Display. Diese Funktion möchte ich heute nicht mehr missen. Gerade um auf die Schnelle das schärfste Bild zu finden oder das mit dem besten Histogramm für den gewünschten Zweck, ist diese Funktion genial.
Das neue Zoom/Lupenkonzept für die Bildrückschau und den Liveview mag verstehen wer will, ich tue es nicht. In meinen Augen hatte Canon hier ein perfekt funktionierendes System das wirklich gut war und nun durch eine von Nikon angetouchte Verschlimmbesserung verbessert worden ist? Nein also wirklich, das verstehe ich immer noch nicht. Legt man die Lupenfunktion auf die Settaste lässt sich vieles retten. Aber gäbe es diese Funktion nicht, könnte ich nicht dauerhaft mit dieser Kamera arbeiten.
Canon hat der 5D III zwei Lock Tasten spendiert, eine für das Daumenrad und eine für das Modiwahlrad. Die für das Daumenrad habe ich bis heute noch nie benutzt und die für das Modiwahlrad hat mich immer gestört. Dass ich erst auf das Wahlrad drücken muss bevor ich von AF auf TV wechseln kann, ist in Actionsituationen oft etwas zu langsam gewesen.
Canon hat der 5D III außerdem neben dem CF-Schacht noch einen SD-Kartenslot eingebaut, eine coole Sache für jeden der von einer 1er kommt. Das kennt man doch zwei Speicherkarten, sodass man im Notfall einfach weiterfotografieren kann, sobald die eine voll ist. Oder man stellt eine der vielen anderen möglichen Funktionen ein. Das wäre bei der 5D III wirklich super, wenn Canon hier nicht gespart hätte. Das SD-Karteninterface ist ein einziger Witz für eine Kamera die im professionellen Bereich wildern will. Es werden keine Highspeedkarten unterstützt, was bedeutet, der SD-Karten Slot einfach nur ohne Ende langsam ist … Sobald man also wirklich die Serienbildgeschwindigkeit benutzen will, dann bitte nur noch mit schnellen UDMA CF-Karten aber nicht mit SD-Karten.
Auch der Batteriegriff wurde neu designet, ENDLICH, ENDLICH hat Canon einen Hochformatjoystick in seine Kamera eingebaut, zwar nur mit BG, aber da ist er und er funktioniert. Das ist eine Neuerung von der ich seit Jahren träume … Aber er sitzt nicht an der exakt selben Stelle wie der Querformatjoystick, woran man sich doch zunächst gewöhnen muss. Außerdem hat Canon hier ein neues Akkukonzept verwendet. Nämlich dass die LP-E6 Akkus in einen Schlitten gesteckt werden, der von der Seite eingeführt wird. Das finde ich für mich sehr störend, da man entweder immer wenn die Akkus leer sind den L-Winkel abnehmen muss oder einen passgenauen L-Winkel für 200€ dazukaufen muss. Sprich wir haben schon eine 5D III für 3300€, einen Batteriegriff für 350€ und einen L-Winkel für 200€. So langsam kann man sich da fast eine 1DX von kaufen…
Die Dichtigkeit der 5D III ist besser geworden als bei der 5D II. Das war eine große Schwachstelle der alten 5D II bei der meine Displays sehr oft von innen angelaufen waren. Das habe ich mit der 5D III nie erlebt. Einzig die Stelle zwischen BG und Kamera ist immer noch schlecht abgedichtet, hier sollte man ab und an nachgucken, ob ggf. Wasser seinen Weg zwischen die beiden Elemente gefunden hat.
Die neue Mattscheibe, bei der man sich die Gitternetzlinien einblenden lassen kann ist sehr gut, ein super Feature der neuen 5D III

AF:

Kommen wir zur größten Neuerung der 5D III, dem AF System. Da muss man sagen: WOW GEIL! Was Canon hier abgeliefert hat ist nicht nur solide sondern in meinen Augen das beste AF System aller Zeiten aus dem Hause Canon. Hier kann man nicht meckern. Die 61 AF-Felder sind ordentlich verteilt, klar nicht über den ganzen Sucher, aber das ist bei einer Vollformatkamera nicht anders zu lösen aktuell und deshalb finde ich geht die Verteilung in Ordnung. Ich könnte jetzt wieder die ganzen Kreuz und Liniensensoren beschreiben, aber das steht alles in der Anleitung, ich sage lieber etwas zur Praxis.
Arbeitet man mit dem AF der 5D III so hat man ein wirkliches AHA-Erlebnis. Ich setze den AF teilweise sogar bei Pflanzenfotografie etc. ein, wo ich ihn sonst nie eingesetzt habe. Denn er ist wirklich extremst genau. Er trifft gerade bei statischen Motiven nochmal deutlich genauer als der AF der 1D IV. Generell habe ich das Gefühl, dass die AF-Performence der 5D III besser geworden ist als die der 1D IV. Also, statische Motive sind für die 5D III schonmal kein Problem. Check!
Kommen wir zu bewegten Motiven. Ich habe in 95% der Fälle mit dem AF Case 2 gearbeitet. Mein guter Freund schwört auf dem AF Case 5 bei sehr ähnlichen Motiven. Letztendlich haben wir beide eines gemeinsam nämlich sehr wenig Ausschuss. Ich habe den AF wie folgt konfiguriert. Den Auslöser verwende ich nur um die Belichtung zu messen, der AF liegt auf der Sterntaste und auf der AF-On Taste liegt die Sterntastenbelegung. Dazu habe ich IMMER den AI-Servo an. Mit diesem Setting liege ich bei Tierfotografie wirklich sehr gut.
61 AF-Felder die man frei wählen kann sind ein Traum, viel schöner ist die Tatsache, dass man sie nochmals verkleinern kann, indem man auf Spot AF umstellt. Ich habe den SpotAF immer an, wenn ich ein einzelnes AF-Feld wähle, da der AF so noch genauer arbeitet. Das ist bei der 1D IV so leider nicht möglich.
Generell ist es toll, dass man mit der 5D III so schnell die AF-Felder einstellen und gruppieren kann. Man braucht nur die AF-Feld Wahltaste zu drücken und dann auf der Mfn-Taste rumzudrücken um die Modi zu ändern. Ich verwende bei Actionszenen beispielsweise gerne das AF-Feld + die 4 umliegenden Felder. Das ist kein Problem, einfach schnell die AF-Wahltaste gedrückt und danach zweimal die Mfn-Taste und schon bin ich vom Spot AF bei einem AF-Feld mit den 4 umliegenden Feldern. Das geht in weit unter einer Sekunde. Also wirklich schnell.
Eine weitere Innovation ist, dass das neue AF-System eigentlich eine Fläche ist. Das ermöglicht völlig neue Möglichkeiten sein Motiv zu verfolgen. Man kann alle 61 AF-Felder auswählen und den Punkt festlegen an dem das Motiv ist bzw. man erwartet, dass es dort sein wird. Bewegt sich nun das Motiv, z.B. fliegender Vogel, übergibt das AF-System von einem AF-Feld zum nächsten. Das klingt zunächst wie ein alter Hut, aber das funktioniert bei der 5D III erstaunlich gut.
Ich finde das AF-System der 5D III so wie es ist für eine semiprofessionelle Kamera einfach überragend gut. Es hat sich bei mir bewährt.

 


Eine Gams im Gelände erreicht etwa 50km/h, der AF hat damit keine Probleme

Neue Funktionen:

Kommen wir zu den neuen Funktionen der 5D III und beginnen wir mit dem Silentmodus. Dieser ist unglaublich gut geworden. Der Verschluss ist fast unhörbar und die Erschütterung durch den Verschluss ist fast nicht mehr vorhanden, gerade in der Tierfotografie ein echter Fortschritt. Außerdem wurde der 5D III erstmals eine HDR Funktion spendiert, die sich in der Praxis als ein Witz herausgestellt hat. Ich finde man kann sie maximal dazu verwenden, um zu gucken wie ein HDR aussehen könnte, man muss es am PC eh nochmal bauen. Warum das so ist? Erstens weil man nur ein JPG bekommt und kein HDR RAW und zweitens beschneidet die HDR Funktion recht stark, wodurch man nicht mehr exakt gestalten kann.
Die letzte große Neuerung ist die Mehrfachbelichtungsfunktion. Diese ist bei der 5D III sehr gut geworden, man hat die Möglichkeit zwischen den Modi Additiv, Durchschnittlich, Hell und Dunkel zu wählen und entsprechend damit zu arbeiten. Die Mehrfachbelichtungsfunktion hat sich bei mir keinen einzigen Fehler erlaubt und arbeitet super. Das einzige Manko ist, sie arbeitet in meinen Augen etwas zu langsam …

 


Die Mehrfachbelichtung (4-fach) erlaubt neue kreative Bilder

Probleme:

Kommen wir zum letzten Punkt meines Praxisrückblickes, welche Probleme hat die Kamera wirklich?
Zunächst das Lightleakproblem, das im Internet häufig diskutiert wird. Dieses hat in meinen Augen keinerlei Auswirkungen auf die Praxis. Wer sich bei Nachtaufnahmen auf den eingebauten Belichtungsmesser verlässt macht selbst etwas falsch …
Kommen wir zu zwei Problemen, die bei unterschiedlichen 5D III aufgetreten sind, also nicht bei einem Exemplar. Zunächst der wohl dickste Fehler, den sich Canon hier erlaubt hat, ist, dass die Kamera hin und wieder die Microadjustmentwerte vergisst. Sprich, wenn man beispielsweise einen Wert von -8 eingestellt hat, kann es sein, dass die Kamera beim nächsten Bild auf einmal einen Wert von + 8 für alle Objektive vorgibt. Das passiert zwar nicht oft, aber in meinen Augen ist das etwas absolut untragbares, da man somit ausgerechnet einen unwiederholbaren Moment ruinieren kann. Der zweite wirkliche Fehler ist das Akkumanagment des BG-E11. Hierbei zeigt die 5D III noch 20-25% Akkuleistung an und von einem Moment auf den nächsten fällt die Kamera aus und die Akkus sind leer. Das ist unglaublich ärgerlich. Ich stand vor einem Moschusochsen, er kam auf mich zu, die Brennweite hat gepasst und ich wollte anfangen zu fotografieren und da sind die Akkus leer? In so einem Moment kann man nicht den Rucksack runternehmen und nach Akkus suchen. Ich musste dann alles mit der Zweitkamera machen die eigentlich am kürzeren Tele hing … Sowas ist für mich ein Unding.

Fazit:

Insgesamt ist die 5D III die wohl beste Allroundkamera die es von Canon gibt. (Die 1DX an dieser Stelle ausgenommen) Für mich ist das AF-System perfekt und alles Drumherum auch sehr, sehr gut. Ein paar Schwachstellen hat natürlich auch diese Kamera, die ich in meinem Bericht hoffentlich deutlich gemacht habe. Die 5D III ist nicht nur eine konsequente Weiterentwicklung der 5D II sondern für meine Art der Fotografie in vielen Bereichen eine Revolution. Wer einen Allrounder sucht und das Geld für die 1DX nicht ausgeben möchte, ist mit der 5D III bestens bedient.


Auch bei extremen Langzeitbelichtungen gibt sich die 5D III keine Blöße (5min30)

 


Extreme Bedingungen bei Vollmond ISO 12 800 f/2,8 1/40sek

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